PR fürs E-Auto – wenn der Stromer plötzlich Stammbaum trägt
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Wie Automarken versuchen, mit 800-Volt-System und Touchscreen das Gefühl von Vergaser, Vaters Werkstatt und veröltem Sonntagnachmittag zu verkaufen.
Das ist die Kommunikationswelt 2025, wo selbst die elektrischste Flunder plötzlich auf Tradition macht.
Die PR-Abteilungen der Autohersteller haben eine neue Lieblingsfloskel: „Angelehnt an die ikonische DNA unserer Marke.“
Gemeint ist damit meist ein Fahrzeug, das aussieht wie eine Mischung aus Bluetooth-Lautsprecher, ICE-Innenraum und Spülmaschine – aber eben emotional aufgeladen werden soll, damit jemand Geld dafür ausgibt.
Strom fließt Gefühle weg
Wenn ein neues E-SUV präsentiert wird, klingt das übersetzt so: „Eine Hommage an unser legendäres Erfolgsmodell von 1963.“ Nur eben ohne Motorengeräusch, ohne jede Verbindung zu damals und ohne Erfolg.
Was früher das Brummen war, ist heute das „Design by DJ Vielfalt“. Statt Benzingeruch gibt’s nämlich Ionisierungsduft aus dem Interieur und vorgeplänkelten Sound aus der Retorte.
Peinlicher wird’s nicht mehr. Und der Fahrspaß? Der findet vorher primär nur im Konfigurator statt. Bis man den Backofen in natura erlebt.
Heritage per Hashtag
Die PR-Strategien moderner Autobauer sind dabei total absehbar – und gleichzeitig maximal konstruiert: Ein durchdesigntes Retromodell mit OLED-Leuchten und dem exakt selben Namen von damals wird zum „modernen Klassiker“.
Ein „revitalisiertes Markenversprechen“ soll dann auch den Geist alter Rallye-Zeiten heraufbeschwören, als Männer zu Legenden wurden. Obwohl der Wagen inzwischen mit Stromverträgen, veganem Kunstleder und ISA-Geschwindigkeitswarner glänzt.
Und der Slogan? Irgendetwas zwischen „Zurück in die Zukunft“ und „Fahr mit Gefühl, emissionsfrei“. Auch wenn letzteres gar nicht stimmt. „Tradition trifft Innovation“, sagt der PR-Text.
Klingt, als hätte James Dean ein Meeting mit ChatGPT gehabt. Hashtags wie #PRDriven, #ElectroEmotions oder #TraditionAbWerk sollen dann die Kohlen aus dem Feuer – äähh, die rollenden Batterien aus den Showrooms – holen.
Sonny Crockett fassungslos
Man stelle sich vor: Sonny Crockett („Miami Vice“) trifft im Ferrari auf einen Lithium-Ionen-Akku. Der eine hat noch echten Dreck gesehen, der andere lädt halt öfter durch, damit er wenigstens ein paar Kilometer weit kommt.
So ähnlich ist das Verhältnis zwischen E-Auto-PR und realer Automobilgeschichte.
Sonny Crockett würde vor lauter Stromschock glatt die filterlose Lucky Strike aus der Hand fliegen.
Fazit
Die PR fürs Auto hat sich verändert. Statt Image und Pferdestärken zählt heute, nennen wir es freundlich, Purpose. Statt echter Realität mit komplizierter Anwendung oft die zusammen fantasierten Werte der Marke.
Und wo früher das Herz für Hubraum schlug, pulsiert heute die Erzählung einer sauberen, vernetzten, traditionsbewussten Zukunft.
Ob das ehrlich ist? Nein. Ob es funktioniert? Nicht wirklich. Es ist nur ein E-Auto. Ohne Stammbaum und zu oft mit schlechter PR.
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Sierks Media / © Foto: VitalikRadko, de.depositphotos.com